Transkript anzeigen Abspielen Pausieren

Heilpädagogische Leistungen im Rahmen der Frühförderung

Leistungsbezeichnung
Heilpädagogische Leistungen im Rahmen der Frühförderung als heilpädagogische Solitärleistungen. Nicht umfasst ist die Leistungserbringung im Rahmen einer Komplexleistung gem. § 46 SGB IX.
 

Rechtsgrundlage
§§ 113,116 SGB IX in Verbindung mit § 79 Abs. 1 und 2 SGB IX
 

Ziel der Leistung
Heilpädagogische Leistungen sollen die Selbständigkeit der Kinder mit (drohender) Behinderung erhöhen und ihre Gemeinschaftsfähigkeit und Entwicklung fördern. Hierzu gehören u.a.

  • Sicherstellung der ganzheitlichen Förderung
  • Abwendung oder Milderung der (drohenden) Behinderung
  • Erhalt und Stabilisierung der vorhandenen Fähigkeiten
  • Förderung einer weitgehenden Unabhängigkeit von Unterstützung
  • Entwicklung des Kindes und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auch durch Partizipation

 
Heilpädagogische Leistungen sollen unter anderem helfen

  • Kommunikationsstörungen
  • Interaktionsstörungen
  • Stereotype Verhaltensweisen
  • Störungen der Wahrnehmung, Kognition und Motorik inkl. sensomotorischer Störungen
  • Störungen im sozial-emotionalen Verhalten

durch unterschiedliche Fördermaßnahmen zu verbessern und die soziale Teilhabe zu stärken. Dies soll handlungs- und alltagsorientiert, also eingebettet in die Lebenswelt des Kindes erfolgen.
 

Personenkreis
Zu den Leistungsberechtigten gehören noch nicht eingeschulte Kinder des in Teil A. 3.3 beschriebenen Personenkreises.
 

Art und Inhalt der Leistung
Heilpädagogische Leistungen sind Leistungen zur sozialen Teilhabe.
Sie können in Form eines Einzelangebots oder Gruppenangebots oder im Rahmen einer gemeinsamen Leistungserbringung durchgeführt werden (§ 116 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 104 SGB IX).
Heilpädagogische Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die zur Entwicklung des Kindes und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit beitragen, einschließlich der jeweils erforderlichen nichtärztlichen therapeutischen, psychologischen, sonderpädagogischen und psychosozialen Leistungen und der Beratung der Erziehungsberechtigten.

Die Leistung umfasst unter anderem folgende Aufgaben:

  • Heilpädagogische Diagnostik
  • Unterstützung beim Aufbau sozialer Beziehungen insbesondere zur Teilhabe am gemeinsamen Spiel
  • Förderung der Wahrnehmung, Bewegung, Interaktion und Kommunikation
  • Weiterentwicklung der lebenspraktischen Fähigkeiten
  • Förderung der Aufmerksamkeit und Motivation
  • Förderung der sensomotorischen Entwicklung
  • Anregung zur eigenständigen Handlungsplanung
  • Förderung der Eigeninitiative und Selbstständigkeit
  • Förderung der intellektuellen Entwicklung/Kognition
  • Beratung und Unterstützung sowie Anleitung im Sinne des § 12 Eingliederungshilfeverordnung der Bezugspersonen zur Verbesserung und Stabilisierung der Teilhabe im häuslichen Umfeld
  • Vernetzung und Professionalisierung der Kooperation mit anderen Akteuren im inklusiven Feld (z.B. Kindertagesstätten, Therapiepraxen, Schulen)
  • Beobachtung und Dokumentation

Heilpädagogische Leistungen werden

  1. in Kombination mit pädagogischen Leistungen und bei Bedarf in Verbindung mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Tageseinrichtungen für Kinder,
  2. im Rahmen der Frühförderung als heilpädagogische Solitärleistung, z.B. durch Frühförderstellen, einschließlich Autismus-Ambulanzen, Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) ,
  3. in Kombination mit pädagogischen Leistungen in der Kindertagespflege

erbracht.

 

Umfang der Leistung

Heilpädagogische Leistungen im Rahmen der Frühförderung umfassen

  1. Erstberatung: Offenes, niedrigschwelliges Beratungsangebot für alle Eltern, die eine Entwicklungsverzögerung oder ein Entwicklungsrisiko bei ihrem Kind vermuten (Früherkennung und Prävention).
  2. Diagnostik: Um ein Kind und seinen Förderbedarf einschätzen zu können, ist es erforderlich, die bisherige Entwicklung in seinem Lebenszusammenhang möglichst genau kennen zu lernen und den aktuellen Entwicklungsstand zu erfassen. In Abgrenzung dazu soll bei absehbar nicht ausschließlich heilpädagogischem Förderbedarf nach Möglichkeit eine interdisziplinäre Diagnostik durch eine Interdisziplinäre Frühförderstelle  durchgeführt werden und, abhängig von der Entscheidung der Erziehungsberechtigten, die Leistung als Komplexleistung nach § 46 SGB IX durch eine Interdisziplinäre Frühförderstelle erbracht werden. Im Rahmen einer heilpädagogischen Maßnahme wird, unter Berücksichtigung schon erfolgter Abklärung, bspw. interdisziplinärer Eingangsdiagnostik der Interdisziplinären Frühförderstelle , aus dem SPZ oder Clearing- und Diagnostikstellen, der diagnostische Prozess weitergeführt oder zum ersten Mal vorgenommen. Dafür werden entwicklungsdiagnostische (Test)Verfahren nach aktuellem wissenschaftlichen Standard durchgeführt. Die Diagnostik ist dabei kein statischer, sondern ein fortlaufender Prozess, der als Eingangs-, Verlaufs- und Abschlussdiagnostik angelegt ist. Doppelte diagnostische Tätigkeiten sind ausgeschlossen, ergänzende nicht. Der Leistungserbringer erstellt auf der Grundlage der Diagnostik einen Förderplan. Dieser ist Bestandteil des Gesamtplanverfahrens des Trägers der Eingliederungshilfe.
  3. Heilpädagogische Entwicklungsförderung: Die Entwicklungsförderung erfolgt unter Beachtung der Inhalte des Gesamtplans. Der Förderplan ist im Laufe der Förderung basierend auf Folgediagnostiken immer wieder zu aktualisieren. Förderung sowie Beratung der Eltern sind handlungs- und alltagsorientiert. Folgende Leistungen können enthalten sein:

    Förderung der Bewegungsfähigkeit sowohl grob- als auch feinmotorisch

    Förderung kognitiver Fähigkeiten (Konzentration, Transferleistungen, Erfassen von Zusammenhängen, Erarbeiten von Problemlösungsstrategien)

    Förderung des Sozialverhaltens und der emotionalen Entwicklung

    Vermeidung spezieller Entwicklungsrisiken in der Lebenswelt des Kindes

    Unterstützung der Sprachentwicklung (Sprachanbahnung, Redefluss usw.)

    Stärkung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls

    Förderung der Wahrnehmung und Sensomotorik inklusive Psychomotorik

  4. Eltern- bzw. Familienberatung: Insbesondere folgende Aufgaben sind Bestandteil der Beratung: Unterstützung der Eltern bei Erkundung und Nutzung eigener Ressourcen zur Förderung des Kindes, Unterstützung und Anleitung bei behinderungsbedingt schwieriger Erziehung des Kindes und in schwierigen Situationen, Unterstützung bei der Anpassung des Familiensystems und -alltags auf das Kind mit Behinderung, Beratung und Information zu ggf. weiteren Förder- und Behandlungsmöglichkeiten. Sowohl die Förderung des Kindes als auch die Beratung der Eltern, sollte je nach Bedarf des Kindes Zuhause, in dem jeweiligen Betreuungssetting oder in den Räumen des Leistungserbringers erfolgen. Sollte sich herausstellen, dass andere Kostenträger für die Leistung zuständig sein könnten, z. B. im Fall von Erziehungsberatung als Leistung des SGB VIII, muss spätestens mit dem Folgeförderplan darauf hingewiesen werden.
  5. Weitere Leistungen sind unter anderem: Vor- und Nachbereitungszeiten der Fördereinheiten, Dokumentation und Planung, Erstellen von Berichten, Interne Team- und Fallgespräche sowie Koordinationsgespräche mit Externen, bspw. Ärzt*innen, Therapeut*innen, anderen Bezugssystemen (Kindertagespflege, Erzieher*innen (Kita), Schule, etc.), Absprachen mit Übernahmeeinrichtungen, Fahrzeiten für mobile Förderung, Fortbildung und Supervision, Beschaffung und Pflege von Spielmaterial, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkarbeit, Geschäftsführung / Verwaltung / Organisation, Qualitätsmanagement und Datenschutz

Qualität und Wirksamkeit

Strukturqualität:

  • Im Rahmen der Leistungsvereinbarung ist ein abgestimmtes Fachkonzept vorzulegen.
  • Die Leistung wird durch geeignete Fachkräfte des Leistungserbringers erbracht.
  • Kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte ist zu gewährleisten.

Prozessqualität:

  • Der Leistungserbringer erbringt eine HP-Eingangsdiagnostik (nach einem Jahr Folge- oder Abschlussdiagnostik) und hält die Ergebnisse standardisiert fest. Er erstellt einen ICF-orientierten Förderplan inkl. der Beschreibung von Förder- und Teilhabezielen. Im Rahmen von Dienst-/Fallgesprächen und Gesprächen mit Eltern und ggf. dem Kind werden die Angemessenheit und Geeignetheit der Fördermaßnahmen regelmäßig überprüft und bei Bedarf nach Rücksprache mit dem und nach Zustimmung durch den Träger der Eingliederungshilfe angepasst.
  • Kooperations- und Netzwerkarbeit sind zu dokumentieren.

Ergebnisqualität:

  • Die Ergebnisqualität bemisst sich am Erreichungsgrad der im individuellen Förderplan vereinbarten (Teilhabe-) Ziele. Hinweise für die Zielerreichung können u.a. aufgrund der Leistung gewonnene positive Veränderungen sein, die an unterschiedlichen Indikatoren wie z.B. an der Verbesserung der Teilhabe der Leistungsberechtigten oder an der Beeinflussung der Morbidität (Abwendung einer drohenden Behinderung, Verlangsamung des fortschreitenden Verlaufs einer Behinderung oder Beseitigung oder Mildern der Folgen einer Behinderung) beurteilt werden. Es erfolgt eine Bewertung der vereinbarten Ziele und eingesetzten Maßnahmen durch den Träger der Eingliederungshilfe.

 

Personelle Ausstattung/Personalqualifikation

  • Diplom-Pädagog*innen, Diplom-Sonderpädagog*innen, Diplom-Heilpädagog*innen, Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen sowie Hochschulabsolvent*innen mit vergleichbaren Bachelor- oder Master-Abschlüssen, vorzugsweise mit den Schwerpunkten Heilpädagogik, Sozialpädagogik / Soziale Arbeit, Rehabilitationspädagogik, Frühe Kindheit und Absolvent*innen vergleichbarer Studiengänge
  • Staatlich anerkannte Heilpädagog*innen (mit Fachschul- und Fachakademieausbildung)
  • Erzieher*innen mit heilpädagogischer Zusatzausbildung,
  • Motopäd*innen, Motolog*innen,
  • Sprachbehindertenpädagog*innen
  • Psycholog*innen

 

Sächliche Ausstattung

  • Instrumentarien/Materialien zur Entwicklungs- und Verhaltensbeobachtung, für Beobachtungs- und Diagnostik-/Testverfahren
  • Aktuelle Fachliteratur und Fachzeitschriften
  • EDV, geeignete bürotechnische Ausstattung
  • Ausstattung mit Bewegungs-, Therapie- und Spielmaterial

Die Ausstattung richtet sich nach Spezialisierung und Leistungsprofil der Einrichtung, den vertretenen Fachdisziplinen und dem Diagnosespektrum und den Bedarfen der geförderten Kinder.

Die sächliche Ausstattung muss in einer angemessenen Relation zu den Leistungsangeboten des Leistungserbringers stehen. Sie muss gewährleisten, dass die vereinbarten Leistungen bei Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes erbracht werden können.

 

Betriebsnotwendige Anlagen des Leistungserbringers
Die Immobilienausstattung muss bei Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes gewährleisten, dass der Leistungserbringer über die zur Leistungserbringung notwendigen und geeigneten Räumlichkeiten verfügt. Hierzu gehört insbesondere das Vorhalten einer barrierefreien Einrichtung mit angemessener Größe und kindgerechten Räumlichkeiten plus Außenanlagen.
 
Räume für Einzel- und Gruppensettings, Büro-, Personal- und Besprechungsräume, Materialräume, Verkehrsflächen, bspw. Sanitäreinrichtungen, Flure (einschließlich der erforderlichen Möblierung) müssen vorhanden sein. Die Räumlichkeiten müssen von der Lage, der Größe und der Ausstattung geeignet sein.
 
Die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers werden in der jeweiligen Leistungsvereinbarung festgelegt.
 

Dokumentation und Nachweise

Die Erstellung und regelmäßige Fortschreibung des Förderplans erfolgt zusammen mit den Eltern. Dies dient der Leistungsdokumentation und Überprüfung des Gesamtplanes. Die Darstellung der Zielerreichung ist fester Bestandteil. Die Leistungsdokumentation enthält Angaben zum Förderort und ist von den Eltern zu unterschreiben.