Betreuung Volljähriger in einer Pflegefamilie
1. Leistungsbezeichnung
Betreuung Volljähriger in einer Pflegefamilie
2. Rechtsgrundlage
§ 113 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX in Verbindung mit § 80 SGB IX
3. Ziel der Leistung
Die Ziele der Sozialen Teilhabe sind im Teil B 4.1 Abs. 3 definiert.
Die Leistung zur Betreuung Volljähriger in einer Pflegefamilie wird erbracht, um Leistungsberechtigten die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen. Vor allem beraten und begleiten die Leistungserbringer die Leistungsberechtigten und die Pflegefamilien.
Eine Konkretisierung der Leistungsziele erfolgt jeweils im Rahmen des individuellen Teilhabe-/Gesamtplans.
4. Personenkreis
Zu den Leistungsberechtigten gehört der in Teil A 3.3 beschriebene Personenkreis.
5. Art und Inhalt der Leistung
Bei der Betreuung in einer Pflegefamilie handelt es sich um eine individuelle sozialraumorientierte Hilfeform außerhalb der bisherigen Herkunftsfamilie.
Die Leistung richtet sich an Leistungsberechtigte, die auf eigenen Wunsch in einer geeigneten Pflegefamilie leben und von dieser unterstützt werden. Die Leistung bietet eine dem individuellen Bedarf entsprechende, familienbezogene Unterstützung.
Der Leistungserbringer unterstützt dabei Leistungsberechtigte und die Pflegefamilie u. a. durch Information und Beratung, die sowohl im häuslichen Kontext als auch an anderen Orten erbracht werden.
Der Leistungserbringer richtet seine Leistung am Wohl der leistungsberechtigten Person aus und interveniert in geeigneter Weise.
6. Umfang der Leistung
Die Leistungen umfassen insbesondere:
- Tätigkeiten im Vorfeld einer Betreuung,
z. B. Akquise von Familien, Information, Beratung und Vorbereitung der Feststellung der Geeignetheit durch den Träger der Eingliederungshilfe,
Beratung und Information von interessierten Pflegefamilien und Leistungsberechtigten, Erarbeitung eines Zuordnungsvorschlags, ggf. Unterstützung im Antragsverfahren für Pflegefamilien und Leistungsberechtigte,
- Begleitung des Vermittlungsprozesses zwischen Familien und Leistungsberechtigten, Abstimmung von Vereinbarungen zwischen Leistungsberechtigten, Pflegefamilien und Leistungserbringer, - Tätigkeiten in Bezug auf Leistungsberechtigte,
z. B. Hausbesuche, persönliche Kontakte/Telefonkontakte, Betreuung, Kooperation mit rechtlichen Betreuer*innen oder anderen Diensten und Institutionen, Krisenintervention, Unterstützung bei der Gesundheitssorge,
- Tätigkeiten in Bezug auf die betreuende Pflegefamilie,
z. B. Hausbesuche, Fachberatung und Anleitung, telefonische Erreichbarkeit, Organisation von Entlastungszeiten, Krisenintervention und Unterstützung,
- notwendige administrative Tätigkeiten,
z .B. Auszahlung der Aufwandsentschädigung an die Pflegefamilie, Organisation des Personaleinsatzes einschl. der Fahrt- und Wegezeiten, Dokumentation und Berichtswesen,
- erforderliche übergreifende Tätigkeiten,
z. B. Teamsitzungen, Fallbesprechungen/kollegiale Beratung, Teilnahme an Facharbeitskreisen, Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Zusammenarbeit mit Leistungsträgern,
- die Wahrnehmung der Fallverantwortung auf Basis der geschlossenen Vereinbarung zwischen Leistungsberechtigten, Pflegefamilie und Leistungserbringer.
Die Leistung kann in folgenden Varianten vereinbart werden:
- Im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland werden die Betreuungsleistungen für die leistungsberechtigte Person zeitbasiert beschieden und erbracht. Die Leistungen für die Unterstützung der Pflegeperson und die weiteren Leistungen des Leistungserbringers werden mit einer Pauschale finanziert.
- Im Bereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe wird eine Leistungspauschale je leistungsberechtigter Person vorgesehen, die sowohl die Betreuungsleistungen für die leistungsberechtigte Person als auch die Leistungen für die Unterstützung der Pflegeperson und die weiteren Leistungen des Leistungserbringers einschließt.
Ergänzend erhalten die Pflegefamilien in beiden Landesteilen eine Aufwandsentschädigung.
7. Qualität und Wirksamkeit
Es gelten die in Teil A 7.2 vereinbarten, grundlegenden Aussagen zur Qualität und Wirksamkeit. Diese werden um folgenden Punkt ergänzt:
- Eine Vereinbarung über Rechte und Pflichten der Vereinbarungsparteien wird zwischen den Leistungsberechtigten, der betreuenden Pflegefamilie und dem Leistungserbringer geschlossen.
- In einer Pflegefamilie soll in der Regel nur eine leistungsberechtigte Person leben. In begründeten Fällen können maximal zwei Leistungsberechtigte in einer Pflegefamilie leben.
8. Personelle Ausstattung/Personalqualifikation
Zur Erbringung der Leistungen sind vom Leistungserbringer ausschließlich geeignete Fachkräfte einzusetzen. Geeignete Fachkräfte sind vor allem Sozialarbeiter*innen oder Sozialpädagog*innen oder andere Angehörige vergleichbarer Berufsgruppen mit Hochschulabschluss, Erzieher*innen, Heilerziehungspfleger*innen, Pflegefachkräfte und Ergotherapeut*innen, Heilpädagog*innen oder andere Angehörige vergleichbarer Berufsgruppen.
Für alle Berufsgruppen ist eine einschlägige Berufserfahrung erforderlich; ansonsten kann die notwendige Qualifikation durch eine einschlägige Weiterbildung nachgewiesen werden.
Beim Personalaufwand gelten die Regelungen nach Teil A 4.6.1.
Der Personalaufwand umfasst darüber hinaus auch die so genannten Personalnebenkosten, hierbei insbesondere
a. Aufwand für angemessene Fort- und Weiterbildung sowie Supervision,
b. Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Beauftragte einschließlich der Kosten für deren vollständige oder teilweise Freistellung (wie z. B. Betriebsräte, Mitarbeitervertretungen, Schwerbehindertenvertretung, Gleichstellungsbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Hygienebeauftragte),
c. Berufsgenossenschaftsbeiträge sowie andere gesetzliche Umlagen und Beiträge,
d. Aufwendungen zur Arbeitssicherheit (insbesondere Brandschutz, Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz),
soweit sie nicht bereits an anderer Stelle berücksichtigt sind.
Im Bereich des LWL werden alle vorgenannten Tätigkeiten integriert erbracht. In der Regel kann eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft 10 volljährige Menschen mit Behinderungen in Pflegefamilien betreuen. Es wird pro anerkanntem Leistungsfall eine Personalkostenpauschale im Verhältnis 1:10 vereinbart.
Die Kalkulation der Vergütung richtet sich nach der Anlage B.
9. Sächliche Ausstattung
Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland:
Die für die Erbringung dieser Leistung notwendige sächliche Ausstattung ist Bestandteil der Fachleistungsstundenvergütung.
Nach Umstellung des Vergütungssystems wird die für die Erbringung dieser Leistung notwendige sächliche Ausstattung in der Rahmenleistungsbeschreibung „Organisationsmodul“ (Anlage A.5.4) abgebildet.
Bereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe:
Es wird eine Pauschale für Sachkosten in Höhe von 1/8 der Personalkosten gewährt.
10. Betriebsnotwendige Anlagen
Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland:
Die für die Erbringung dieser Leistung betriebsnotwendigen Anlagen sind Bestandteil der Fachleistungsstundenvergütung.
Nach Umstellung des Vergütungssystems wird die für die Erbringung dieser Leistung notwendige sächliche Ausstattung in der Rahmenleistungsbeschreibung „Organisationsmodul“ abgebildet.
Bereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe:
Die Aufwendungen sind in der Sachkostenpauschale enthalten.
11. Dokumentation und Nachweise
Der Leistungserbringer legt dem Träger der Eingliederungshilfe einmal jährlich eine Leistungsdokumentation (Jahresbericht) vor. Form, Umfang und Inhalte dieser Leistungsdokumentation werden in der Gemeinsamen Kommission erörtert und abgestimmt.
Der Leistungserbringer dokumentiert die für die jeweilige leistungsberechtigte Person erbrachte Leistung hinsichtlich des Datums, des Umfangs, des Inhalts und der leistungserbringenden Person. Die Dokumentation erfolgt prozessorientiert auf der Basis der im Gesamtplan vereinbarten Ziele und macht auf der Grundlage der dort festgelegten Maßstäbe und Kriterien der Wirkungskontrolle regelmäßig (in der Regel alle 6 Monate) Aussagen zum Grad der Zielerreichung.
10 Wochen vor Ablauf des Bewilligungszeitraums erstellt der Leistungserbringer unter Beteiligung der leistungsberechtigten Person mit Hilfe des in NRW gültigen Bedarfsermittlungsinstruments des Trägers der Eingliederungshilfe eine fachliche Stellungnahme zum Leistungsverlauf und eine Einschätzung zur Weitergewährung der Unterstützung durch die Pflegefamilie.
Bei Beendigung der Maßnahme legt der Leistungserbringer dem Träger der Eingliederungshilfe eine fachliche Stellungnahme zum Leistungsverlauf vor.